Deserteur contra Zöllner
Im August – Anfang September 1944 zogen sich die deutschen Truppen zurück, es wurde brenzlig für sie.
Es herrschte ein ziemliches Durcheinander der verschiedenen Waffengattungen.
Hinter dem Hause Derneden-Barnich (An Hunnen) auf dem Kimm lag eine Flak-Abteilung, die regen Handel mit gestohlenen Sachen aus Frankreich und Belgien trieb.
Nun zu dem Vorfall:
Es war ein schöner Spätsommertag, ich kam aus dem Dorf, da begegnete ich beim Friedhof einem deutschen Soldaten, einem fast 2 m großen Mann in voller feldgrauer Uniform, doch fiel mir auf, er war nicht wie die Anderen. Feldmütze im Nacken, Gewehr auf der rechten Schulter, Lauf nach vorne an einer grünen Schnur über die Schulter hängend, schlenderte er an mir vorüber. Da stimmt was nicht, dachte ich mir. Ich schaute ihm nach, bis er im Café Elsen verschwand.
Ich erzählte es meinem Vater, der in der Stalltür stand und seine Pfeife rauchte.
Da kam ein deutscher Zöllner vom Zug (vom Jangeli). Vater und er wechselten ein paar Worte, er kam aus dem Urlaub zurück.
In der Zwischenzeit ging ich bei Hunnen zur Flak-Besatzung ein bisschen handeln, Eier für Wein usw.
Der Zöllner mit Familienname FRANCOIS aus dem Elsass ging weiter bis zum Café Rausch (später Hôtel Pesché), dort begegnete er dem deutschen Wehrmachtssoldaten. Ihm fiel wahrscheinlich auch das komische Benehmen desselben auf.
Er fragte ihm das Soldbuch, was dieser verweigerte. Als der Zöllner ihm das Gewehr abnehmen wollte, schoss der Soldat ihn nieder.
Ein Flak-Soldat mit einer Handgranate im Gürtel wollte dem Zöllner zu Hilfe eilen.
"Ah, dich auch noch", sagte der Soldat zu ihm, worauf ersterer schleunigst hinter dem Misthaufen von „Hanze Friedchen“ Deckung nahm und danach schnell in Richtung „Kimm“ verschwand.
Den Zöllner nahmen vorbeikommende Leute auf und trugen ihn ins Café Rausch und benachrichtigten einen Arzt und die anderen Zöllner. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht.
Der Wehrmachtssoldat schlenderte seelenruhig Richtung Friedhof – Rammricherweg, wo er, wie sich hernach herausstellte, auf eine längs des Weges stehende Buche kletterte, wo er freies Sicht- und Schussfeld hatte. (Buche von Hinger Jess im Rammricherweg)
Die anderen Zöllner, aufgescheucht wie ein Bienenschwarm, fingen an nach ihm zu suchen, aber komischerweise immer in die verkehrten Richtung, Klengescheck, Schlass, Steinkaulen usw. Nur einer wagte sich ein paar Schritte in den Rammricherweg. Es war der Berufszöllner GRÜTZENER mit seinem Schäferhund, aber auch er drehte um und machte sich aus dem Staub. Die Suche wurde abgebrochen.
Gott sei Dank geschah dieser Vorfall am helllichten Tag und vor Zeugen, sonst wären die Repressalien der Deutschen nicht auszudenken gewesen.
Nach Aussagen meines Nachbarn, Herrn Henri Kneip, Beamter der Sureté, kam der Zöllner mit dem Leben davon.
Die Zöllner waren bis auf wenige Ausnahmen nur Hilfszöllner, die die Grenze zwischen „Großdeutschland“ und Belgien bewachten.
Wie sich hernach herausstellte, war der Wehrmachtssoldat ein elsässischer Deserteur, der nach Hause wollte. Die Elsässer waren auch wie die Luxemburger zwangsrekrutiert. Er trieb sich schon ein paar Tage vor dem Zwischenfall in Umgebung des Dorfes in „Hierscht“, „Ponzkoll“ umher und fragte die dort arbeitenden Bauern nach dem berüchtigten „Hanni“ und dem Zollkommissar aus Rambruch aus. Wahrscheinlich glaubte der Soldat, er hätte den berühmten Hanni GÖBEL vor sich, der ihm das Soldbuch fragte und machte kurzen Prozess. Danach begab er sich nach Bilsdorf, wo er bis zur Befreiung durch die Amerikaner am 10. September 1944 im Hause Buren wohnte.
François FELTEN, damals 16 Jahre.
Quelle: Mit freundlicher Erlaubnis der Familie Felten-Goller